Als leise Frau stoße ich mal wieder an meine Grenze.

Meine Kundin Martina machte es dringend mit einem Gesprächstermin, sie braucht ganz schnell Unterstützung.

Was war passiert?

Sie darf ein Teilprojekt eines großen Auftrags übernehmen und muss künftig die Zwischenergebnisse vor dem Kunden präsentieren.

Martina arbeitet im Entwicklungsbereich einer Elektronikfirma, aber das nur am Rande.

 

 

Zu Beginn unseres Online-Coachings legten wir, wie bei jedem Termin, ihr Ziel fest. Was muss passieren, damit sie sagt das Gespräch war hilfreich und nützlich.

Martina wollte die Angst verlieren vor Kunden zu sprechen, die sie womöglich für nicht kompetent genug halten.

 

Oh, wie gut ich diese Situation kenne…

 

Ich war Ende 20 und im Vertrieb als Assistentin des Vertriebsleiters tätig. Zu meinen Aufgaben gehörte es die vom Geschäftsleiter Vertrieb angesetzte, jährliche Verkaufskonferenz zu organisieren. Dazu wurden die Vertriebspartner aus der ganzen Welt für zwei Tage nach Deutschland eingeladen.

Organisation liegt mir und macht sehr viel Spaß, von daher hatte ich kein Problem damit, mich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Wie das bei einer größeren Veranstaltung so ist, ein Abendevent mit einem Überraschungs-Akt war ebenfalls auf der To-do-Liste.

Einige Wochen zuvor hatte ich einen fantastischen Beitrag mit Künstlern aus Berlin gesehen und schlug unserem Geschäftsführer genau diese Truppe als Live-Akt am Abend vor.

Ich konnte es gar nicht fassen, er stimmte zu, obwohl die Künstlergage nicht ohne war. Aber dann kam es. Der Satz von ihm: „Und Sie kündigen die Künstler auf der Bühne an. Das mache ICH nicht.“

In dem Moment ist mir nicht nur das Herz in die Hose gerutscht, ich hatte das Gefühl um 20 cm zu schrumpfen und wollte mich ins nächste Loch verkriechen. ICH, die viel lieber im Hintergrund die Fäden zieht und schaut, dass alles wie am Schnürchen klappt, soll auf eine Bühne. Kotz.

„Wenn Sie die schon einladen, dann müssen SIE die auch ankündigen“, sagte er noch. Ich: „O.k., ich mach’s“.

War ich von allen guten Geistern verlassen? Hatte ich das wirklich gesagt? Einerseits wollte ich die Truppe unbedingt haben, andererseits aber …

Also gut. Hilft nichts. Die Künstlergruppe wurde gebucht und ich hatte noch einige Wochen Zeit bis es soweit war. Die restliche Organisation hatte mich wieder und ich dachte nicht mehr darüber nach, was da womöglich auf mich zukommen würde.

Einige Tage vor dem Event, als ich mit dem Geschäftsführer noch mal die Planungen durchging, meinte er: „Und haben Sie sich schon überlegt, wie Sie die Künstlergruppe ankündigen.“ Ich schüttle mit dem Kopf und er lacht nur. Na, das kann ja heiter werden.

Ab dem Zeitpunkt hatte ich „Muffesausen“ und mir ging mein künftiger Auftritt auf großer Bühne nicht mehr aus meinem Kopf. Was soll ich bloß sagen, wie kann ich die Künstler unverfänglich ankündigen? Immer wenn mir ein Satz einfiel, schrieb ich ihn auf. Das Ankündigung musste ja auch noch auf Englisch gemacht werden. Das heißt, da durfte ich nicht noch zusätzlich ins Fettnäpfchen treten, weil ich womöglich etwas falsch übersetzt habe.

Himmel geh auf und hol mich. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?

Drei Tage vor meinem großen Auftritt ging es los. Ich hatte mir Block und Stift neben mein Bett gelegt, da ich schon öfters gemerkt habe, dass mir morgens oder abends die besten Ideen einfallen.

Ich lag im Bett, stellte mir vor, wie ich die Bühne hochlaufe – bloß nicht stolpern beim Treppensteigen – und mir das Mikro schnappe. Tief Luft hole. Alle Augen schauen gespannt auf mich. Und mir fällt nichts mehr ein. Totale Katastrophe.

Also steig ich wieder aus dem Bett und setze mich ins Wohnzimmer. Bildlich stelle ich mir diese Szene immer wieder vor und formuliere, was ich sagen will und schreibe die Sätze sofort auf meinen Block auf.

Nach einigen Übungen in denen ich im Wohnzimmer stand und mit geschlossenen Augen diese imaginäre Szene nachstelle, wird die Ansage flüssiger und leichter.

 

Kleinhenz Coaching_Mikro

 

Irgendwie muss das doch zu schaffen sein. Andere schaffen das doch auch. Warum sollte ich also scheitern. Kommt gar nicht in Frage.

Wenn ich etwas habe, dann einen eisernen Willen und wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt oder etwas versprochen habe, dann ziehe ich das auch durch.

Das war schon immer so. Und darauf bin ich stolz!

 

 

12 Erfolgsstrategien

Lerne wie die Zusammenarbeit in der heutigen, agilen Arbeitswelt für Dich zum Kinderspiel wird, gerade wenn Du eine leise Mitarbeiterin bist.

 

Am Vortag der Veranstaltung bauten wir im Tagungshotel alles auf und ich konnte mich schon mal probeweise auf die sehr große Bühne stellen und auf mein imaginäres Publikum schauen. Mir schlotterten auch ohne Publikum schon die Knie. Aber ich schaff das!

Der große Tag kam. Ich packte morgens meinen Koffer, da wir alle im Tagungshotel schliefen mit meinem nachtblauen enganliegenden Paillettenkleid. Damals hatte ich noch Kleidergröße 36. 😊

 

Jetzt gibt es kein Zurück mehr!

 

Rund 350 Gäste aus 32 Ländern reisten an und ich war mit Check-In und Sonderwünschen erst mal beschäftigt.

Und dann rückte der Zeitpunkt immer näher. Ich hatte das Gefühl ich muss ständig auf’s Klo und mir war speiübel.

Da stand ich da mit meinem sexy Paillettenkleid und wollte einfach nur im Boden versinken. Dabei war ja noch nichts passiert. Meine extra angefertigte Karte, auf der mein Text stand ging von die rechte in die linke Hand und zurück.

 

Ich will das jetzt endlich hinter mich bringen.

 

Der Geschäftsführer kündigte an, dass ich auf die Bühne komme und eine Überraschung ankündigen werde. Das war mein Zeichen.

Pfeiforchester als ich die paar Stufen zur Bühne hoch gehe. Das gehört dazu, bei 90% Männeranteil. Da musst du als Frau halt durch in einer Männerdomäne.

Das Licht ist gleisend hier oben, vom Publikum sehe ich nur die ersten zwei Tische.

„Ladies and Gentlemen, welcome to our eveningshow…“ wieder Pfeifkonzert. Den genauen Wortlaut bringe ich heute nicht mehr zusammen nur das Ende „…proudly present TINA TURNER“. Der Spot geht an, leuchtet die Tür am Ende des Saals aus und da kommt sie.

Das war’s erst mal für mich. Ich konnte, da alle Augen auf Tina Turner gerichtet waren, ganz heimlich, still und leise die Bühne verlassen und war sowas von stolz auf mich.

Ich hatte meinen Text fehlerfrei rübergebracht und mir viel ein zentnerschwerer Stein vom Herzen.

Der Saal war mit männlichem Testosteron geschwängert und ich zog mich zurück und schaute mir an, wie gestandene Männer ganz klein werden, wenn sie eine sexy Frau sehen und teilweise auch von ihr angemacht werden.

Nicht nur Tina Turner und Whitney Houston auch Ella Fitzgerald, Marlene Dietrich und weitere schauten im Saal vorbei. Und am Ende der Show waren ALLE außer Rand und Band, wegen der hervorragenden Performance der Travestie-Gruppe, die ich eingekauft hatte.

Die Komplimente am nächsten Veranstaltungstag wollten nicht abreißen und unsere asiatischen Kollegen konnten nicht glauben, dass es sich bei den Künstlern um Männer gehandelt hatte.

Die Künstler hatten aber auch verdammt gute Figuren und gesanglich konnten die sehr sehr gut mithalten.

Jahre später hat mir ein Außendienstler gesagt, dass das die beste Veranstaltung „EVER“ war. Danach hatte ich den Vertrieb verlassen.

Was hat mir geholfen, dass ich mich auf die Bühne getraut habe und meinen Text nicht vergaß?

 

Eigentlich ganz einfach:

 

Bereits damals habe ich mich ganz konkret auf mein Ziel fokussiert.

 

Zielfokus

 

Ich habe mir in meiner Fantasie ausgemalt wie die Bühne aussieht, wer mich anschaut, wie es riecht, wie warm es ist. Wie ich das Mikrofon halte und rein spreche. Wie die Lautstärke ist, was ich anhabe. Und ganz wichtig, wie es sich anfühlt dort oben, vor so vielen Menschen zu sprechen und alle hören nur mir zu.

 

Dein Unterbewusstsein unterstützt dich!

 

Jeder von uns denkt in Bildern und die wiederum lösen Emotionen in uns aus. Dadurch werden die Situationen realer und dein Unterbewusstsein weiß, was dein Ziel ist.

Deshalb achte genau auf deine Gedanken, sonst kommst du nicht dort an, wo du hin willst.

Wenn du glaubst, das schaffe ich nicht, wird sich das dein Unterbewusstsein abspeichern und du wirst recht behalten. Das nennt man das Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung.

Positive Gedanken führen zu einem guten Gefühl, sind motivierender und führen zu unserem gewünschten Ergebnis.

 

Mit Martina habe ich im Coaching angeschaut, wo sie grade steht und wo sie hin möchte. Welche Ressourcen sie dafür nutzen kann und wann sie genau diese Ressourcen schon gezeigt hat.

Sie hat sich zusätzlich für aufkommende Nervosität einen Anker gesetzt und zwischenzeitlich die ersten Präsentationen beim Kunden mit Bravour gemeistert. Sie ist glücklich, dass sie einen weiteren Step zu mehr Selbstvertrauen geschafft hat. Sie freut sich jetzt auf die künftigen Kundengespräche, da mit der Routine auch eine gewisse Leichtigkeit einkehrt.

 

Also, kleiner Tipp:

 

Mach dir glasklare Bilder von deinen Zielen. Dann kommst du auch dort an, wo du hin willst.

P.S. Da mir grade die Frage gestellt wurde, wann das war, als ich „meinen Auftritt“ hatte. Das muss ca. im Jahr 1996 gewesen sein.

 

Brigitte gross 2021
Hallo, ich bin Brigitte. Als Veränderungscoach unterstütze ich angestellte, veränderungsbereite Frauen, die Leaderin in ihrem Job sein wollen und herausfinden möchten, was ihnen mehr Freude und Sinn bereitet. Damit sie morgens freudestrahlend am Frühstückstisch sitzen und am Ende des Tages auch noch Energie haben für ihr Privatleben.

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Bilder: Canva